Eine Mundele in Pointe-Noire

 Jetzt bin ich schon seit einer Woche in Pointe-Noire und ihr, liebe Leser, fragt euch sicher schon wie es mir geht und was ich hier alles erlebe. Das Schuljahr beginnt erst im Oktober also bleibt noch genug Zeit um sich einzuleben und die Stadt zu erkunden. Da ein ausführlicher Bericht alle Rahmen sprengen würde, versuche ich hier einige Impressionen aus meinem bisherigen Volontärsleben wiederzugeben.

 

Di. 18. 08. 2015, 20:15 Uhr:

Meine Mitvolontärin Magdalena und ich sitzen gemeinsam mit 7 Salesianerpatres am großen, runden Tisch in der Pfarre. Wir werden  zur Begrüßung von jedem Pater herzlich umarmt und es wird viel geplaudert und gelacht. Allerdings bekomme ich am Anfang eine fachkundige Übersetzung von unserer Vorgängerin Mirijam, damit ich dem Tischgespräch folgen kann. Auf dem Tisch befindet sich eine drehbare Platte mit Pfannen voll Fisch, Huhn, Reis oder Bohnen aber auch exotische Gerichte wie Maniok, Fufu oder Saka-Saka. Père Virgil, der Leiter des Projekts, berät mich was ich alles kosten soll und welche Gerichte sich am besten kombinieren lassen.  

 

Mi. 19.08. 2015, 6:45 Uhr:

Ich stehe heute früh auf um in die Morgenmesse auf Munukutuba (die örtliche Sprache) zu gehen, weil dort die neuen Volontäre vorgestellt werden. Ich verstehe (noch) kein Wort Munukutuba und deshalb beschränkt sich meine Teilnahme an der Messe auf das Mitklatschen zu den Liedern, die vom Kirchenchor gesungen werden. Bei den Liedern bleibt nämlich niemand am Platz sitzen, viele bewegen sich rhythmisch zum Lied und klatschen dabei enthusiastisch mit. Plötzlich schreckt mich ein lautes Zwitschern und ich schaue zum Dach: Dort oben fliegen mehrere Vögel durch die fensterartigen Löcher in der Kirchenwand  ein und aus. Dabei singen sie von niemandem beachtet ihre Variation auf die Kirchenlieder.

 

Do. 20.08.2015, 9:30 Uhr:

Mirijam nimmt Magdalena und mich mit auf den Markt um für ihr Abschlussessen einzukaufen. Man kann dort auf engstem Raum alles kaufen – von Elektrozubehör bis zu frischem Obst und Gemüse. Immer wieder bleiben wir stehen um das ein oder andere, mir gänzlich unbekannte Produkt zu kaufen. Wir kaufen eine kongolesische Variante von Erdnussbutter, die die Verkäuferin so geschickt in Palmenblätter einwickelt, dass nichts mehr von der Creme nach draußen dringen kann. Überall wo wir hinkommen hören wir den Ruf „Mundele“ was auf Munukutuba „die Weiße“ bedeutet. Ich werde also überflutet mit Geräuschen sowie Gerüchen und möchte am liebsten meine Augen nicht mehr schließen, weil es so viel zu erleben gibt.

 

Fr. 20.08.2015, 10:00 Uhr:

Wir fahren zu sechst mit dem Bus 20 Minuten ins Zentrum der Stadt und frühstücken in einem Starbucks-ähnlichen Lokal in der Innenstadt. Von Cappuccino bis Vanillecroissant bekommt man dort alles was ein europäischer Magen begehrt. Danach machen wir uns wieder auf die Suche nach einem Bus zurück zur Pfarre. Der gesamte Verkehr besteht fast ausschließlich aus Taxis und eine Art von VW-Bussen, die als öffentliche Verkehrsmittel dienen. Neben dem Lenker befindet sich im Bus meistens noch eine zweite Person, die das Geld kassiert. Doch die wahre Aufgabe dieser Person begreife ich erst jetzt: Als nämlich ein voller Bus vor uns stehen bleibt schafft er es irgendwie uns sechs hineinzuschlichten, sodass schlussendlich insgesamt 22 Personen in dem VW-Bus hocken!

 

Mo. 24.08.2015, 23:30 Uhr:

Die Sonne ist bereits vor fünf Stunden untergegangen und Mücken schwirren um die Lampen aber eine Gruppe von ca. 70  Jugendlichen sitzt beharrlich draußen und feiert ausgiebig. Warum? Vor 200 Jahren wurde in Italien der Ordensgründer der Salesianer, Giovanni Don Bosco, geboren und darum haben sich hier in Pointe-Noire Jugendliche aus allen Don-Bosco-Pfarren des Landes versammelt. Am Vortag wurde das Treffen mit einer feierlichen Messe vom Bischof eröffnet und den Nachmittag verbrachten wir spielend am Strand.

Am Abend selbst wird zunächst gegessen, daraufhin folgen Quizshows und kurze Theaterstücke rund um Don Bosco. Zwischendurch packt Pater Jerry seine Gitarre hervor und wir stimmen laut und mit Begeisterung Kirchenlieder an. Um Mitternacht gehen plötzlich alle Lichter aus und wir halten eine stimmungsvolle Andacht im  Kerzenschein mit dem Bild von Don Bosco im Zentrum. Danach schneidet eine Don-Bosco-Schwester die Torte an und die Sektkorken fliegen in die Luft. Die Stereoanlage wird voll aufgedreht und wir tanzen und feiern bis tief in die Nacht!

 

Ich hoffe ich kann euch beim nächsten Eintrag einen geordneteren Überblick über mein Leben hier geben, denn es wird noch eine Weile dauern bis ich in der Routine angekommen bin!

Wer in Pointe-Noire längere Distanzen überwinden will nimmt das Taxi oder den Bus (mit bis zu 20 Mitreisenden;)
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Maniok, eine Zuspeise die kalt gegessen wird und im entferntesten wie Erdäpfelknödel schmeckt
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Gemeinsam am Strand, die sogenannte "Wilde Küste"
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Kommentare: 3
  • #1

    palu (Mittwoch, 26 August 2015 07:31)

    Hallo Lydia! Danke, dass wir durch Deinen Blog a bisserl miterleben dürfen, wie's DIR geht! ALLES GUTE für die kommende Zeit!
    P. Lukas

  • #2

    Sara S. (Donnerstag, 27 August 2015 13:18)

    Hallo Lydia!!:)
    Es freut mich, dass es dir gut geht!! Du hast ja schon ganz schön viel erlebt, wie wir alle mit erfahren dürfen!
    Glg Sara:)

  • #3

    Wotan (Freitag, 28 August 2015 23:28)

    Hallo Lydia,
    spannende Impressionen aus einst-Französisch-Kongo^^
    Lg