Wer schön sein will muss leiden...

Dieses Sprichwort trifft leider auch auf die Schönheitsideale im Kongo zu. Ich habe nämlich beschlossen meinen Traum von kongolesischen Flechten zu verwirklichen und musste feststellen, dass das eine ziemlich aufwendige Prozedur ist. Schon kurz nach meiner Ankunft ist mir aufgefallen, dass die meisten Frauen hier aufwendige Flechtfrisuren tragen; nur die wenigsten modebewussten Kongolesinnen tragen die Haare offen. Gemeinsam mit einer Freundin habe ich also einen Friseurtermin ausgemacht. In einem durchschnittlichen Friseurladen hier in Pointe-Noire findet man Plakate mit Frisuren, sehr viel Kunsthaar, eventuell einen Spiegel und viele Polster und Matten am Boden auf denen man zum Flechten platznimmt.  Waschbecken oder Rasiergeräte fehlen hier meistens denn die Hauptaufgabe der  Frisöre ist nicht das Haareschneiden oder –färben sondern das Flechten.

 

Meine Frisörin schaut sich also meine Haare an und meint, dass zwei Packungen Kunsthaar reichen. Sie gesteht mir, dass ich die erste Europäerin bin, deren Haare sie flechtet und legt gleich los. Ich war vorbereitet auf eine lange Flecht-Session aber irgendwie habe ich die Arbeit unterschätzt: 94 Flechten und viereinhalb Stunden später bin ich fertig!! Dabei war es eigentlich ein sehr gemütlicher Nachmittag: Es wurde getratscht und gegessen (die Nachbarin hat uns mit selbstgemachten Crêpes und Getränken versorgt) während ich von bis zu drei Flechterinnen gestylt wurde. Am Anfang wusste ich zwar noch nicht, wie ich mit gefühlten 5 Kilo Haaren am Kopf schlafen sollte aber das Ziehen und Jucken wird nach der ersten Woche besser. Ja Ihr habt richtig gelesen, die Frisuren bleiben hier oft wochenlang im Haar und mit den Frisuren können sich die Frauen oft bis zu fünf Wochen lang nicht ihre Haare waschen. Doch die Kongolesinnen sind erfinderisch. Um gegen den Juckreiz anzukämpfen stecken viele Frauen Zahnstocher-ähnliche Stöckchen in ihre zentimeterdicken Frisuren um sich kratzen zu können.

 

Vor allem im Stadtzentrum begegnet man öfters einer Europäerin, aber eine „Weiße“ mit einer afrikanischen Flechtfrisur ist eine Seltenheit. Man wird auf der Straße angesprochen und wegen der Haare scherzhaft als „Ndombe“ also „Schwarze“ begrüßt. Allgemein wird hier immer sehr herzlich gegrüßt. Unter Männern schüttelt man sich die Hände und alte Freunde berühren sich zusätzlich mit der Stirn jeweils einmal  links, rechts und in der Mitte. Bei den Frauen ist es ähnlich wie in Österreich, man schüttelt sich die Hände und/oder küsst sich kurz links und rechts auf der Wange. Obligatorisch ist auf jeden Fall ein „Mbote!“ oder „ça va?!“ mit einem freundlichen Lächeln - egal wie gut man die Leute kennt.

 

Die Zeit vergeht hier in Pointe-Noire wie im Flug und wir nähern uns mit großen Schritten dem Schulanfang. Letzte Woche haben bereits die Lehrerkonferenzen begonnen. Wir sitzen gemütlich beisammen und überdenken die Leitgedanken der Schule. Dem Direktor der Grundschule ist es ein besonders Anliegen katholisches Gedankengut zu vermitteln, der Direktor der Berufsschule legt hingegen mehr Wert auf die Freude am Lernen. Im Rahmen der Konferenz gab es für alle Lehrer auch noch ein Pädagogik- und Didaktikseminar wo wir unter anderem lernten wie man Multiple-Choice-Aufgaben und andere „moderne“ Testformate im Unterricht einsetzt. Beendet wurden die Konferenzen mit einer leckeren, selbstzubereiteten Mahlzeit. Obwohl die Schule offiziell schon begonnen hat, haben wir Volontäre immer noch keinen passenden Stundenplan. Aber wir wissen, dass wir in sieben Klassen Englisch und in drei Klassen Deutsch unterrichten. Im Laufe des ersten Trimesters wird sich dieses anfängliche Chaos noch etwas einpendeln.

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Kommentare: 3
  • #1

    Ester (Donnerstag, 01 Oktober 2015 19:46)

    Schade, dass du keine Fotos mitsenden konntest; ich hätte gerne gesehen wie du aussschaust!
    Viel Erfolg beim unterrichten!

  • #2

    Dani Strasser (Dienstag, 06 Oktober 2015 14:44)

    Respekt!!! Ich hätte nie die Geduld gehabt viereinhalb Stunden lang meine Haare flechten zu lassen.

  • #3

    Raphi (Dienstag, 13 Oktober 2015 08:49)

    Hallo Lydia,
    Ich hoffe es geht dir gut....
    Reitstall Winkler wünscht dir eine schöne Zeit. Pass auf dich auf das wir dich gesund und munter zurück bekommen.
    Lg
    Raphi und das Team des Reitstall Winkler!